ePA – die Elektronische Patientenakte

Ab dem 29. April 2025 kann die elektronische Patientenakte (ePA) theoretisch von allen Patienten genutzt werden. Was das genau für Sie bedeutet, wie und wann es funktioniert und welche Chancen sowie Risiken die ePA mit sich bringt, möchte ich Ihnen hier persönlich erläutern.

Kann ich als Patient der Praxis Deissenrieder die ePA ab sofort nutzen?

Kurze Antwort: Nein, leider noch nicht. Eine Art „Testbetrieb“ wird ab Mitte Mai starten. Gut funktionieren wird es vermutlich frühestens im September.

Lange Antwort: Vom 15. Januar bis zum 28. April wurde die ePA in drei Modellregionen getestet. Die Rückmeldungen aus diesen Regionen sind, um es vorsichtig auszudrücken, desaströs. Zentrale Komponenten stürzen regelmäßig ab, und der Download sowie Upload von Dateien funktioniert nicht zuverlässig. Die Arbeit mit der ePA ist derzeit fehleranfällig und sehr zeitaufwendig. Daher wurde die verpflichtende Einführung, die ursprünglich für den 1. April 2025 geplant war, auf den 1. Oktober 2025 verschoben. Ich halte eine weitere Verschiebung des Starttermins für wahrscheinlich. Offiziell befindet sich die ePA momentan in einer sogenannten Hochlaufphase, in der sie schrittweise durch Rückmeldungen eines wachsenden Anwenderkreises technisch verbessert wird. Ich persönlich stehe dem technischen Fortschritt allgemein positiv gegenüber und werde ab ca. Mitte Mai gerne eigene Erfahrungen mit der Nutzung der ePA sammeln. Rechnen Sie allerdings noch nicht damit, dass alle Befunde, Labore, Medikationspläne, etc… durch uns in die ePA hochgeladen werden. Denn aktuell haben wir weder die personellen noch zeitlichen Ressourcen, ein fehleranfälliges System, das sich im Beta-Modus befindet, regelhaft zu befüllen. Mit einem reibungslosen Betrieb rechne ich frühestens im September 2025.

Soll ich die ePA nutzen?

Kurze Antwort: Wenn Sie häufig bei verschiedenen Ärzten oder in Krankenhäusern in Behandlung sind, mehr als vier Medikamente einnehmen und sich die Namen Ihrer Medikamente schlecht merken können, dann auf jeden Fall.

Lange Antwort: Derzeit gibt es häufig große Schnittstellenprobleme zwischen Krankenhäusern und Hausarztpraxen sowie zwischen Fachärzten und der Hausarztpraxis. Wöchentlich stehen wir vor dem Problem, dass Patienten aus dem Krankenhaus entlassen werden, aber ohne Entlassbrief in unserer Praxis erscheinen. Es ist dann sehr schwierig herauszufinden, welche Diagnostik und Therapie im Krankenhaus durchgeführt wurde. Entsprechende ausführliche Krankenhausbriefe kommen oft erst nach Monaten per Post an. Zudem wissen verschiedene Fachärzte oft nichts voneinander. Briefe von Fachärzten erhalten wir als Hausarztpraxis häufig gar nicht. Dies führt immer wieder zu unnötiger doppelter Diagnostik oder, schlimmer noch, zur Verordnung von Medikamenten, die untereinander negative Wechselwirkungen haben. Eine ePA, in der alle durchgeführten Diagnosen sowie Therapievorschläge festgehalten werden, könnte für Sie als Patient sehr vorteilhaft sein. Allerdings wird es aus technischen Gründen vermutlich noch ein bis zwei Jahre dauern, bis alle Praxen und Krankenhäuser die ePA nutzen.

Was sind die Gefahren und Nachteile der ePA

Kurze Antwort: Alle Daten der ePA werden zentral gespeichert und könnten von Personen eingesehen werden, von denen Sie nicht möchten, dass sie Zugriff auf Ihre Patientenakte haben.

Lange Antwort: Eine Datenbank mit den Gesundheitsdaten aller gesetzlich versicherten Personen in Deutschland stellt einen riesigen „Datenschatz“ dar. Aus anderen Ländern gibt es leider viele Beispiele, in denen es Kriminellen gelang, sich Zugang zu diesen Daten zu verschaffen. Nur ein Beispiel: In Australien wurden 2022 die Daten einer Krankenversicherung gehackt. Nachdem die Versicherung das geforderte Lösegeld nicht zahlen wollte, veröffentlichten die Hacker gezielt Listen von Personen mit Diagnosen wie Alkoholkrankheit oder Abtreibung.

Im Dezember 2024 zeigten deutsche Sicherheitsforscher zahlreiche Schwachstellen auf, die es ihnen ermöglichten, unbefugten Zugriff auf die Infrastruktur der ePA zu erlangen. Offiziell seien diese Sicherheitslücken inzwischen geschlossen, jedoch fehlt mir persönlich da etwas das Vertrauen. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass es auf lange Sicht (z. B. in den nächsten zehn Jahren) zu einem erfolgreichen Hackerangriff oder einem Datenleck kommt. Wenn der Gedanke, dass Ihre Patientenakte in falsche Hände gerät, Ihnen schlaflose Nächte bereitet, sollten Sie ernsthaft in Erwägung ziehen, bei Ihrer Krankenkasse der ePA zu widersprechen.

Neben dem Zugriff durch Kriminelle gibt es auch legalen Zugriff auf Ihre ePA, der ebenfalls problematisch sein kann. So sollen die Daten der gesetzlich versicherten Patienten (Randnotiz: bei Privatversicherten ist dies nicht geplant) der Forschung zugänglich gemacht werden. Dabei erfolgt eine Pseudoanonymisierung, das heißt, der Name wird bei der Verwendung für die Forschung nicht übermittelt. Allerdings warnen Sicherheitsexperten davor, dass durch die Vielzahl der übermittelten Daten (Medikationspläne, Alter, Postleitzahl, Geburtstag der Kinder usw.) mit geringem Aufwand Daten rückwirkend doch wieder einer bestimmten Person zugeordnet werden könnten. Zudem sollen die Daten als Trainingsmaterial für Künstliche Intelligenz dienen, was ungeklärte datenschutzrechtliche Folgen haben könnte. Auch die Polizei hat Interesse an der Datenbank angekündigt. Ebenso ist absehbar, dass Versicherungen zukünftig Zugriff auf die ePA haben wollen.

Was muss ich sonst noch über die ePA wissen?

Bei Fragen zur ePA hilft Ihnen gerne ihre Krankenkasse als primärer Ansprechpartner weiter.